Digital hilft? Ja! – Kommunale Beispiele positiver Digitalisierung in BW zu Zeiten von Corona

Wer hätte gedacht, dass sich das 2019 gewählte Leitthema »Digital hilft…« der landesweiten Informationskampagne zu digital@bw so schnell im neuen Jahr unter Beweis stellen muss? In Krisen kommen meist darunterliegende Strukturen zum Vorschein, Bruchstellen werden sichtbar und Resilienz – also die Fähigkeit eines Systems widerstandsfähig gegenüber kritischen Einflüssen von innen oder außen zu sein – erhält eine zentrale Bedeutung.

Gleichzeitig ist der Ausnahmezustand, der spätestens seit dem 17. März 2020 mit der landesweiten Schließung von Schulen und Kindergartenstätten begann und große Teile der arbeitenden Bevölkerung in der Verwaltung fast über Nacht ins Home-Office versetzte, auch eine Art Katalysator für die Digitalisierung im Land. In Zeiten von #socialdistancing und #flattenthecurve sind diejenigen im Vorteil, die bereits im Vorfeld – im Wissen über die Chancen digitaler Werkzeuge und Leistungen – hier Strukturen aufgebaut haben und diese nun schnell und bedarfsgerecht einsetzen können.

Auch die Digitalakademie@bw und ihre Partner wie die kommunalen Landesverbände, Komm.ONE, das Fraunhofer IAO, die Führungsakademie BW oder die VWA haben bisher entwickelte Lösungen und Strukturen genutzt und sind teilweise im »Fronteinsatz«, wenn es darum geht Kommunalverwaltungen schnell mit innovativen Lösungen in der Krise zu unterstützen – hier eine kleine Auswahl an positiven Beispielen:

  • Chatbot COREY (Digitale Prozesse): Das Land Baden-Württemberg setzt den Corona-Chatbot COREY ein. Das KI-basierte Dialogsystem ist seit dem 6. April 2020 online auf dem Landesportal www.baden-wuerttemberg.de und weiteren Webseiten der Ministerien zu finden. Ursprünglich für den Ortenaukreis entwickelt, gibt der Corona-Chatbot COREY Auskunft zu Fragen rund um das Coronavirus (SARS-CoV-2). Gefüllt wird der Chatbot mit Inhalten, die vom Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg zusammengestellt werden. COREY bzw. die Basis-Version „Ortena“ wurde in Kooperation von Komm.ONE und der Landesverwaltung entwickelt und durch das Landesprogramm »Future Communities 4.0« gefördert. Neben dem Land Baden-Württemberg zeigen auch mehrere Gesundheitsämter Interesse am Einsatz des Corona-Chatbots. (Link)
  • Vitaldaten-Messstation (KIC@bw): Ein neuartiges Messverfahren mittels Radarsensorik hilft, Personen mit Corona-Symptomen aus sicherem Abstand aufzuspüren. Es registriert Fieber, erhöhten Puls und schnellen Atem automatisiert, ohne den Mitarbeitenden, der die Messung durchführt, zu gefährden. Die Fraunhofer-Institute IPA und IAO (hier die Experten aus dem kommunalen InnovationsCenter KIC@bw) testeten Anfang April im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus das Verfahren. Weitere Umsetzungen in Landkreisen und deren Gesundheitsämtern sind in Vorbereitung. (Link)
  • Universeller Antragsprozess auf service-bw (Digitale Prozesse): Aufgrund der Ansteckungsgefahr mussten auch viele Behörden ihre Pforten für Besucher schließen. Häufig genutzte Kanäle wie Telefon und E-Mail stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Mit einem neuen universellen Antragsprozess auf der zentralen Serviceplattform www.service-bw.de wird Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen das elektronische Einreichen eines Antrags über einen sicheren Übertragungsweg ermöglicht – ohne dafür in eine Behörde gehen zu müssen. Der Prozess kann von den Kommunen für jede beliebige Verwaltungsleistung auf »service-bw« angeboten werden. Nach einer ersten Pilotphase ist er mittlerweile bei mehr als 30 Kommunen im Einsatz. (Link)
  • Kommunales Corona-Dashboard (KIC@bw): Landkreise, Krankenhäuser und Einsatzkräfte benötigen zwingend umfangreichere Erfassungs-, Analyse- und Visualisierungsmethoden für die aktuelle Lage. Das Fraunhofer IAO und die Universität Stuttgart entwickeln dazu ein Corona-Lage-Dashboard für das Landratsamt Esslingen, die lokalen Krankenhäuser und den Malteser Hilfsdienst. Dieses beinhaltet eine digitale Patientenbefragung, um Fälle und Symptome zu erfassen und darauf aufbauend eine automatisierte Auswertung und georeferenzierte Visualisierung im Sinne der Bedarfe der Einsatzkräfte. Einsatzkräfte haben einen besseren Überblick über positive und negative Fälle, Entwicklungen und Trends können frühzeitig identifiziert und Maßnahmen eingeleitet werden. (Link)
  • Webinare für öffentliche Verwaltung (kommunale Digitallotsen): Der Vorlesungsbetrieb an der Württembergischen VWA wird im virtuellen Raum fortgesetzt. Als Bildungspartner der Digitalakademie@bw hat die VWA bereits Ende März kostenlose Online-Webinare mit teilweise über 100 Anmeldungen bereitgestellt, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Verwaltungsarbeit in der aktuellen Lage befassen, z.B. Digitales Selbstmanagement im Home Office, Effektiv digital arbeiten oder Projektmanagement in Krisenzeiten. Weiterführende Formate wie Live-Webinare und digitale Lernumgebungen sind bereits geplant. (Link)
  • Veranstaltungen werden digital (Geschäftsstelle Digitalakademie@bw): Während die diesjährige Morgenstadt:Werkstatt am 5./6. März 2020 noch wie gewohnt durchgeführt werden konnte, gilt es für anstehende Veranstaltungen umzudenken. Kommende Konferenzen und Vernetzungsveranstaltungen wie der Landesbeitrag zum nationalen Digitaltag am 19. Juni 2020 zusammen mit dem Innenministerium BW oder der 3. Kommunale Innovationstag am 1. Juli 2020 werden hierzu in virtuellen Umgebungen oder Video-Plattformen durchgeführt – seien Sie gespannt!

Gleichzeitig gibt es auch viele positive Beispiele in Baden-Württemberg, in denen Verwaltungen für ihre Bürger digitale Lösungen nutzen und dadurch entweder wichtige Prozesse aufrechterhalten können oder sogar neue Leistungen bereitstellen. Die Geschäftsstelle der Digitalakademie@bw hat einige ausgewählte Beispiele zusammengetragen:

  • So hat die Stadt Rheinstetten des interkommunalen Netzwerks re@di engagiert einen eigenen TV-Community-Kanal gestartet, der neue Möglichkeiten bietet für Bürger und Verwaltung Informationen zu teilen oder kreative Heimtätigkeiten in der Krise zu präsentieren. (Link)
  • Gemeinden wie Empfingen, Gärtringen, Denkendorf oder Obersontheim haben eigene Kommunal-Apps genutzt oder neu entwickelt, um tagesaktuelle Informationen zu Corona direkt per Push-Nachrichten an ihre Bürger und Bürgerinnen zu schicken. Teilweise verging zwischen Gemeinderatsbeschluss und App-Bereitstellung weniger als drei Wochen. Viele der Apps werden im Rahmen von Förderwettbewerben des Innenministeriums BW gefördert.
  • Digitale Online-Lebensmittelmarktplätze wie Emmas.App aus Baden-Württemberg ermöglichen aktuell in mehreren Landkreisen des Landes und Städten wie Mannheim, Ulm und Freudenstadt kontaktlose Lebensmittelbestellung, Service-Hotlines und Hausliefermöglichkeiten für lokale Händler, Bäckereien, Metzgereien durch Unterbrechung von Infektionsketten, Nachbarschaftshilfe und digitale Erreichbarkeit. Dadurch werden in der Krise Versorgungslücken in den ländlichen Gebieten geschlossen und regionale Anbieter gestärkt. (Link)
  • Die Stadtverwaltungen und Landratsämter, die bereits in der Vergangenheit flexible Arbeitsformen für Home-Office, Telearbeit und entsprechende Endgeräte (Tablets, Smartphones, …) sowie digitale Verwaltungsprozesse etabliert haben, konnten auch deutlich einfacher auf die neue Situation umstellen und eine durchgängige Verwaltungstätigkeit gewährleisten. Auch digitale Sitzungsdienste für die Gemeinderäte, wie sie beispielsweise die Stadt Herrenberg erst im Herbst 2019 verbindlich eingeführt haben, haben hier positive Effekte. (Link)
  • Auch das Internet-der-Dinge (IoT) hilft kommunale Aufgaben in Krisenzeiten sicherer, resilienter und effizienter abzuwickeln. Beispielsweise hilft digitale Parkraumbewirtschaftung mit weniger Personal mehr Leistung zu erbringen und auch Preistarife lagebedingt anzupassen. Resiliente Technologien wie LoRaWAN zusammen mit intelligenter Messtechnik hilft bereits Kommunen und Landkreisen einen besseren Überblick über den Zustand öffentlicher Infrastrukturen zu erhalten.

Sicher gibt es noch viele weitere Beispiele gelungener Digitalisierung, die vor Ort bereits wertvolle Dienste leisten und noch gar nicht in der Krisenzeit sichtbar sind. Es lässt sich aber bereits jetzt erkennen, dass die Kommunen und Landkreise, die sich bereits mit Digitalisierungsstrategien und deren Umsetzung befasst haben, deutlich schneller Lösungen für die Sondersituation parat hatten als andere.

Manchmal braucht es dabei unvorhergesehene Einflüsse, um dann mit Sicherheit sagen zu können: »Ja, Digital hilft!« Die Digitalakademie@bw ist dabei diesen Prozess im Land bestmöglich mit bedarfsgerechten Angeboten und Kompetenzen zu begleiten.

Kontakt

Herr Steffen Braun
E-Mail-Adresse: Steffen.Braun(@) iao.fraunhofer.de
Leiter der Geschäftsstelle der digitalakademie@bw